Blog 2023-06

Jedem Anfang wohnt ein Zauber inne

Von Neuanfängen und Komfortzonen

Autorin: Anna Leiber

Bevor wir zum eigentlichen Inhalt des Blogbeitrags kommen, möchte ich zunächst an dieser Stelle ein Geständnis ablegen (oder vielleicht eine Lanze brechen?!): ich erledige viele Dinge auf den letzten, wenn nicht sogar allerletzten Drücker. Wozu diese Mentalität à la „unter Druck entstehen die schönsten Diamanten“ häufig führt? Auf der einen Seite Schnappatmung und Kopfschütteln, auf der anderen Seite zu wahlweise nächtlichen oder frühmorgendlichen Kreativitätsfeuerwerken. Jede Medaille hat ja bekanntlich zwei Seiten 🙂

Mit diesem Wissen vor Augen erscheint es nahezu unmöglich, dass für mich das thematische Herzstück für diesen Blog und damit auch den gesamten Themenmonat bereits seit Anfang Mai feststand. Ganze VIER WOCHEN Vorlauf – es hätte der Anfang einer neuen Arbeitsweise werden können, ein mutiger Aufbruch in meine ganz persönliche Lernzone! Nun ja, ich möchte die aktuelle Situation mal so zusammenfassen: den Konjunktiv verwende ich nicht ohne Grund. Auch meine Veränderungsbereitschaft hat ihre Grenze. Und damit wären wir bei der Entstehungsgeschichte dieses Textes angekommen.

„Alles neu macht der Mai!“

Den Wonnemonat verbinden die meisten von uns mit dem herrlichen Erwachen von Flora und Fauna aus der alljährlich zähen Frühjahrsmüdigkeit, zunehmend langen Sonnentagen und den ersten Genüssen von Spargel, Eis und Co. Ein herrliches Gefühl, nicht wahr?

Mein persönlicher Mai sah in diesem Jahr etwas anders aus, denn ich befand mich den gesamten Monat über in einem Zustand, zu dem ich normalerweise ANDERE Menschen berate und ihnen meine Unterstützung anbiete. Ein Zustand, der sich am treffendsten unter dem Motto „Alles auf Neuanfang!“ zusammenfassen lässt. Sowohl beruflich als auch privat habe ich neue Wege eingeschlagen und damit gewohnte Strukturen und Umgebungen, geschätzte Menschen in meinem Umfeld, einen bekannten Alltag, kurzum, meine bisherige Komfortzone hinter mir gelassen.

Damit standen für mich eher Verabschiedungen, Umzugskartons und Baumarkt-Besuche auf der Tagesordnung als das Auffüllen meines Vitamin-D-Haushalts inmitten blühender Wiesen und Wälder.

Vorbereitung ist die halbe Miete!

Um all der Veränderung „gekonnt“ (so hoffte ich) zu begegnen, legte ich mir schon einige Wochen vorher eine sogenannte ABC-Liste an. Quasi ein intuitiver Blick in die Zukunft, der mich auf die kommende Gedanken- und Emotionsachterbahn vorbereiten würde. Diese Methode wurde bereits in den 1980er Jahren von der deutschen Trainerin und Lernforscherin Vera F. Birkenbihl* entwickelt und eignet sich hervorragend, um sich mit einem Thema möglichst kreativ und unverkopft zu beschäftigen. Genau das, was ich brauchte!

Für die Durchführung benötigt man lediglich ein leeres Blatt Papier, an dessen linke Seite man untereinander die Buchstaben des Alphabets schreibt. Als nächstes wählt man ein Thema aus, zu dem Ideen und Assoziationen sammeln möchte. In meinem Fall war dies ganz klar „Neuanfang“. Tja, und dann kann es auch schon losgehen!

Mein Ergebnis liest sich wie folgt:

Aufregung
Bereitschaft
Durcheinander
Entscheidungen
Fragen
Gelassenheit
Haltung
Immerwährend
Juhu
Kapitel
Loslegen
Mut
Neugier
Optimismus
Perspektivwechsel
Quantensprung
Ruhepol
Sinnsuche
Tatendrang
Ungewissheit
Vorfreude
Wirr-Warr
(E)Xtrameile
Yoga
Zögern

Da waren sie also, meine 26 Einfälle, und mit diesen bei der Hand fühlte ich mich auf die kommenden Wochen und alle Geschehnisse gut vorbereitet. Wenn da nicht zwischen Theorie und Praxis ein himmelweiter Unterschied läge …

Ausnahmezustand zwischen Theorie und Praxis

Betrachtete ich meine Liste durch die Brille als Veränderungsbegleiterin und Coachin ergab sie für mich vollkommen Sinn und deckte genau diejenige Bandbreite ab, die ich von zahlreichen Change-Modellen, Projekten im Unternehmungskontext oder auf individueller Ebene kannte. Dementsprechend vielen mir auch direkt einige Übungen ein, die ich im Falle von akuter „Veränderungspanik“ anwenden könnte. Um es an dieser Stelle im Sinne des Wirtschaftswissenschaftlers und Change-Forschers Richard K. Streich auszudrücken: rational hatte den Veränderungsprozess verstanden und akzeptiert, in dem ich mich befand. Was mir jedoch noch bevorstand und sich an einigen Tagen im Mai zeigte: das sogenannte „Tal der Tränen“ mit all seiner Unsicherheit, Erschöpfung und Traurigkeit, das für jeden Veränderungsprozess gut und wichtig ist, sich beim aktiven Erleben aber nach allem anderen als das anfühlt. Dabei macht es, so meine persönliche Erfahrung, keinen großen Unterschied, ob man einen Neuanfang aus eigener Motivation beginnt oder in ihn „hineingeschubst“ wird. Die Gefühle fahren Achterbahn und dafür benötigt jede:r von uns Zeit, das offene Ohr uns nahestehender Menschen und vielleicht auch die ein oder andere Tafel Lieblingsschokolade. Alles darf sein und hat seine Richtigkeit!

Veränderung, wohin das Auge blickt

Ihr werdet Euch vielleicht fragen, warum ich mich für diesen persönlichen Einblick entschieden und was die bisherigen Absätze mit dem Kernthema im CollaborationLab, den Erfolgsfaktoren gelingender Zusammenarbeit, zu tun haben. Die Antwort ist für mich so einfach wie herausfordernd zugleich: wir alle befinden uns andauernd in kleinen und großen, privaten und beruflichen, individuellen und organisatorischen Veränderungsprozessen. Wie schon der griechische Philosoph Heraklit zu sagen pflegte: „Nichts ist so beständig wie der Wandel.“ Damit haben sie einen erheblichen Einfluss auf uns und zeigen sich über kurz oder lang in der Art wie wir Zusammenarbeit leben und gestalten.

Umso wichtiger ist es daher, sich und anderen immer wieder die Frage zu stellen (und idealerweise auch ehrlich zu beantworten): „Was macht die Situation gerade mit mir?“ „Wie fühle ich mich angesichts der Veränderung, in der ich mich befinde?“ „Was brauche ich von Euch/Was braucht Ihr von mir?“

Mit und an jeder Veränderung wachsen wir, auch wenn es im ersten Augenblick nicht immer danach aussieht und sich alles nach einem großen Wirr-Warr anfühlt. Doch mit gemeinschaftlichem Tatendrang, einer gesunden Portion Gelassenheit und Optimismus entlang des Weges und ausreichend Ruhepolen können wir am Ende zurückblicken und stolz auf unseren persönlichen Quantensprung sein. Danke, liebe ABC-Liste!

Euch interessiert neben meinem konkreten Veränderungsbeispiel der theoretische Blick auf das Thema und Ihr habt Lust, Euren Methodenkoffer in diesem Bereich zu füllen? Dann legen wir Euch einen Blick in unsere aktuellen LabSamples ans Herz!

LabSample

Change Kurve
Lernzonen-Modell

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