Blog 2022-06

Vom Kunstraub zur Kooperation

Autor: Christoph Bauer

Kaum zu glauben, aber wahr: Manche Mitarbeitenden in Unternehmen haben einiges mit Kunsträubern gemeinsam, wenn es um Kooperation geht. 

Folgt mir auf einen fiktiven Beutezug – ganz ähnlich dem in Wirklichkeit passierten Kunstraub in Dresden –  um das zu verstehen: Du hast es endlich geschafft. Du hältst den funkelnden Grünen Diamanten aus dem Grünen Gewölbe in Dresden in deinen Händen. Nach kurzer Zeit hast du einen Käufer gefunden und die Übergabe ist fixiert: Du sollst den Diamanten in einem Feld in der Nähe von Dresden deponieren, der Käufer hinterlegt den Kaufpreis an einem geheimen Ort in Bayern. Erst dann tauscht ihr die jeweiligen Standpunkte aus. Als du dann in besagtem Feld stehst, huscht ein Gedanke durch deinen Kopf: „Was wäre, wenn ich den Diamanten nicht hinterlege? Der Käufer würde es zu spät merken und ich hätte am Ende das Geld und den Diamanten. Verlockend …“ Der nächste Gedanke folgt sofort: „Was, wenn mein Gegenüber denselben Gedanken hat wie ich?“ 

Wie würdet ihr euch als Hehler verhalten? Zwar bin ich selbst kein Kunsträuber, kann euch aber sagen, dass hier eine elementare Voraussetzung fehlt, um Zusammenarbeit erfolgreich zu gestalten …

Vom Hehler zum Mitarbeitenden

Natürlich ist diese fiktive Hehlergeschichte etwas speziell. Keine Frage. Doch sie beruht auf einem Experiment aus der Spieletheorie mit dem Namen „Gefangenendilemma“, das ähnliche Ergebnisse zeigt. Genau deshalb nutze ich diese Geschichte auch immer wieder gerne in Bezug auf Collaboration in meinen Workshops. In der Geschichte kann ich als Hehler – sollte ich kooperieren und mich an die Abmachungen halten – nur etwas verlieren. Denn ich kann nicht sicher sein, ob der Käufer das Geld wie vereinbart hinterlegt. Wenn ich nicht kooperiere, kann ich dagegen nur gewinnen. Aus diesem Grund wird sich die überwiegende Mehrheit in einer solchen Situation auch nicht kooperativ verhalten.

Das Erstaunliche beim Experiment: Die Teilnehmer verhalten sich anders, je nachdem ob sie nur einmal zusammenarbeiten oder mehrfach hintereinander kooperieren müssen. Ausschlaggebend dafür, dass wir uns kooperativ verhalten, ist vor allem eines: die entstandene Beziehung.

Es ist wie bei den Haustürgeschäften: Dort finden deswegen so viele betrügerische Machenschaften statt, weil sich die Betrüger nicht mit den beziehungsbelastenden Konsequenzen ihres Verhaltens auseinandersetzen müssen. Sie wissen, den Betrogenen werden sie nie mehr begegnen.

Die Krux mit dem Vertrauen

So ist das eben, egal, ob in dem Experiment, an der Haustür, in Organisationen oder im privaten Leben: Menschen vertrauen nur Menschen – und das tun sie nur, wenn sie zuvor eine Beziehung untereinander aufgebaut haben. Doch genau dieser Aspekt kommt in vielen Unternehmen zu kurz.

Mitarbeitende arbeiten immer mehr standortübergreifend und global zusammen. Und seit der Pandemie meist virtuell. Der Austausch beim Mittagessen, die Absprache in lockerer Atmosphäre oder allein schon das Zusammensitzen bei Meetings ist dadurch fast unmöglich geworden. Oder anders gesagt: Die Face-to-Face-Kommunikation stirbt immer mehr aus. Mitarbeitende schreiben lieber unzählige Mails statt sich einmal zu einem gemeinsamen Gespräch zu treffen. Fatal! Schließlich ist der direkte und persönliche Kontakt die beste Kommunikationsform

Zusammenarbeit, die wirklich eine ist

Für Organisationen sollte also ein wichtiger Punkt auf der Agenda sein, die Beziehung zwischen Ihren Mitarbeitenden zu stärken. Und zwar unabhängig von konkreter Projektarbeit oder den abteilungsbezogenen Tätigkeiten. Eure Mitarbeitenden schätzen es, auch mal mit bereichsfremden Kolleginnen und Kollegen in Kontakt zu kommen und eine persönliche Beziehung aufbauen zu können. Beziehungen, die mehr sind als nur ein Netzwerk. Es geht um Beziehungen, die das gegenseitige Vertrauen stärken, und somit die Zusammenarbeit zu gegebenem Zeitpunkt unterstützt. 

Nicht nur neue Bürokonzepte, die Räume so integrieren, dass Kontakt stattfinden kann, fördern Beziehungen. Es gibt auch andere Möglichkeiten wie beispielsweise ein „Mystery Lunch“. Dabei bieten Software-Anbieter ein System an, in dem man sich wie bei einem Blind Date zum Mittagessen verabredet – unabhängig von Abteilung und Position. Eine super Möglichkeit, die Mitarbeitenden in Kontakt zu bringen und zum Austausch anzuregen. Und noch mehr …

Denn so entstehen Beziehungen, so gelingt Zusammenarbeit leichter, und so funktioniert Collaboration. Dann müssen eure Mitarbeitenden auch keine Kunsträuber-Gedanken mehr haben.

PS: Gelingende Beziehungen sind unter anderem auch der Grundstoff für die Motivation der Menschen und ein Umfeld der psychologischen Sicherheit. Schaut gerne mal in unser LabSample.

LabSample

Psychologische Sicherheit

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