Blog 2022-12

Mein Weihnachtswunsch: Selbstwirksamkeit!

Autor: Frank Hörhold

Was gibt es für einen besseren Monat als den Dezember, um sich mit dem Nachwuchs zu beschäftigen?! Schließlich feiern wir in diesem Monat zum über zweitausendsten Mal den Geburtstag eines Kindes, das im Laufe seines Lebens und Wirkens wohl so selbstwirksam war, wie kaum ein Zweites.

Wir wissen wenig über das Heranwachsen dieses Kindes, jedoch eine Menge vom späteren Wirken des jungen Mannes. Wieviel davon wirklich genau so geschehen ist, wie es in der Bibel steht, will ich hier gar nicht klären. Nur soviel; beschrieben ist das Wirken eines extrem selbstwirksamen Menschen.

Zur korrekten Herangehensweise sollten wir einmal klären, was denn nun aber dieses „Selbstwirksam“ genau bedeutet:

In der Literatur findet man folgende Definition: Selbstwirksam ist ein Mensch, der sich seiner Fähigkeiten und Kompetenzen bewusst ist/daran glaubt und damit seine Umwelt/Lebensraum gestaltet.

Unzweifelhaft trifft diese Definition auf die Geschichten, die wir uns von Jesus Christus erzählen, zu.

Wie genau Jesus Christus so selbstwirksam werden konnte, möchte ich nicht betrachten. Ehrlicherweise wissen wir das auch gar nicht.

Ich möchte lediglich mit diesem Blick in die Vergangenheit den Blick auf die jungen Menschen von heute schärfen und die Frage in den Raum stellen, wie sich das Leben eines in der heutigen Zeit lebenden Jugendlichen selbstwirksam gestalten lässt?!

Dazu macht es aus meiner Sicht Sinn, sich die Definition der Selbstwirksamkeit einmal genauer anzuschauen:

Der Glaube an sich selbst

Zunächst liegt der Fokus darauf, den Glauben an sich selbst zu entwickeln. Dabei geht es vornehmlich darum, die eigene Persönlichkeit und erlerntes Verhalten in seinen Ausprägungen überhaupt erst einmal kennen zu lernen und in einem nächsten Schritt, in eine Selbst-Akzeptanz zu bekommen. Oder einfacher formuliert: Sich die Frage zu beantworten, wer bin ich eigentlich und wie kann ich handlungsfähig sein?!

Fähigkeiten und Kompetenzen erlernen

Im zweiten Step geht es dann natürlich darum, Fähigkeiten und Kompetenzen zu erlernen und diese sehr zielgerichtet weiterzuentwickeln. Darin versteckt sich das sehr bedeutende Wort Ziel; ohne dieses Ziel ist Lernen nur sehr schwer möglich, vor allem aber nicht nachhaltig. Es braucht also schon hier zur Entwicklung der Selbstwirksamkeit ein Ziel, mindestens aber eine Idee davon, wo ein junger Mensch zukünftig wirken möchte.

Die eigene Umwelt gestalten

Das Ergebnis, die Gestaltung der eigenen Umwelt, erfolgt anschließend in der Verbindung der beiden vorherigen Elemente. Aber nur dann, wenn der Gestaltungsrahmen passgenau den Fähigkeiten und Kompetenzen angepasst ist. Einfacher gesagt, wenn ich über- oder unterfordert bin, kann der Gestaltungsraum nicht genutzt werden.

Hier bekommt die Forschung von Winfried Hacker zur vollständigen Tätigkeit einen ganz klaren Entwicklungsrahmen. Hacker spricht davon, dass Menschen Arbeit oder Tätigkeiten als sinnhaft empfinden, wenn sie von ihnen selbst geplant, durchgeführt und kontrolliert werden. Erst durch diesen vollständigen Prozess wird eine Weiterentwicklung, bzw. ein Lernerfolg nachhaltig gewährleistet. Oder anders formuliert: die eigene Umwelt kann gestaltet werden.

Viel spricht also dafür, unserem Nachwuchs einen angemessenen Gestaltungsrahmen für die Entwicklung der Selbstwirksamkeit zu geben und anschließend durch ein Feedback, die Entwicklung von Fähigkeiten und Kompetenzen im individuellen Wirkkreis der Jugendlichen zu sichern. Bedeutet: ihnen die Möglichkeit zu geben, Erfolge zu feiern und Misserfolge durch entsprechende Anpassungen in zukünftige Erfolge zu wandeln.

Was sich hier so leicht liest, ist leider nicht mehr so leicht, wie vor 10.000 Jahren, als die Fähigkeit Feuer zu machen, das Überleben der eigenen Sippe sicherte und damit der Lernerfolg ein klares Ziel hatte.

Vielmehr ist die heutige Welt um ein Vielfaches komplexer und damit nachhaltiger Lernerfolg und die daraus resultierende Selbstwirksamkeit nicht mehr durch ein so „einfaches Ziel“, wie „Feuer machen“ realisierbar.

Zwar greifen wir heute auf ganz andere Lernsysteme zurück, die meiner Meinung nach vielfach aber auf einem grundlegenden Fehler aufbauen:

Wir glauben, dass wir den Jugendlichen ausreichend viele Fähigkeiten und Kompetenzen vermitteln müssen, um sie in die Lage zu versetzen, ihren zukünftigen Wirkungskreis eigenständig gestalten und planen zu können. Leider vergessen wir dabei aber, die individuellen Zielsetzungen von jungen Menschen ausreichend zu berücksichtigen, bzw. sie in die Lage zu versetzen, diese überhaupt entwickeln zu können.

Im Ergebnis entsteht dadurch viel Wissen, das nicht nachhaltig nutzbar ist, weil es nicht gelingt, den entsprechenden Glauben daran, dass dieses Wissen nutzbar ist, mit zu vermitteln.

Wir merken dies daran, dass uns junge Menschen häufig nach Aufgaben fragen, die sie lösen sollen. Den Gesamtkontext, wozu das Ergebnis der Aufgabe nutzt und welche neue Aufgabe sich aus diesem Ergebnis ergibt wird nicht erfasst.

Dies ist nicht die „Schuld“ der Jugendlichen! Ihnen fehlt es lediglich an Selbstwirksamkeit.

Kurz zusammengefasst resultieren daraus die folgenden Empfehlungen zur Entwicklung der Selbstwirksamkeit:

  • Es braucht Kenntnisse über meine Persönlichkeit und meine Verhaltensausprägungen.
  • Nachhaltiger Erwerb von Fähigkeiten und Kompetenzen braucht ein individuelles Ziel.
  • Das Ausprobieren dieser Fähigkeiten und Kompetenzen braucht einen angemessenen Entwicklungsrahmen.
  • Feedback durch Fragen, Fragen und noch einmal Fragen (siehe LabSampe Fragengesteuertes Feedback)
  • Und last, but noch least: Augenhöhe!

Natürlich betrachte ich dies hier in einer gewissen Absolutheit und es gibt, wie immer eine Menge Ausnahmen. Denken wir nur an die Gruppe der jungen Menschen, die sich sehr für die Einhaltung der Klimaziele einsetzen… nicht immer bequem für uns, aber selbstwirksam! Vielleicht ist es diese Bewegung, über die die Menschen in 2000 Jahren sprechen und sie vielleicht auch feiern.

Wenn ich mir zum Weihnachtsfest etwas wünschen darf, dann stellt jungen Menschen Fragen und nehmt Euch Zeit zum Beantworten ihrer Fragen!

Und wenn die Fragen, die dann gestellt werden, unbequem für uns Erwachsene werden, weil sie unser Wirken in Frage stellen, dann lasst uns den Mut haben, gemeinsam mit unserem Nachwuchs in Gestaltung zu gehen. Auf Augenhöhe und in einem Rahmen von psychologischer Sicherheit!

Ich wünsche eine besinnliche Weihnachtszeit und ein selbstwirksames 2023!

LabSample

Vollständige Tätigkeit
Fragengesteuertes Feedback
Psychologische Sicherheit

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