Blog 2025-11

Für Führungstalente attraktiv werden: Die Rolle der Führungskultur

Autor: Christoph Bauer

Kürzlich hat mir die Personalleitung eines Bankhauses berichtet, dass sie in den letzten Jahren Schritt für Schritt die Verantwortung der Mitarbeitenden gestärkt haben. Die Distanz zwischen Vorstand und Mitarbeitenden wurden abgebaut, Verantwortungsräume für Mitarbeitende geschaffen, fachliche Führung von der personellen Führung getrennt und vieles mehr. Es war inspirierend und beeindruckend von den vielen kleineren und größeren Veränderungen zu hören.

Neben höhere Motivation und Mitarbeiterzufriedenheit hatte die Transformation noch einen anderen positiven Nebeneffekt. Im Gegensatz zu vielen anderen Unternehmen hat dieses Haus keine Probleme, Nachwuchs für ihre Führungspositionen zu finden.

Auch sie haben die Herausforderung, in den nächsten Jahren eine Vielzahl von Führungspositionen neu besetzen zu müssen bzw. können, da etliche Führungskräfte der sogenannten „Boomer“ in den Ruhestand gehen.

Das neue Führungsverständnis des Hauses macht Führung auch für junge Potenzialträger interessant.

Der notwendige Wandel der Führungskultur

Der Arbeitsmarkt ist im Wandel. Noch vor einer Generation galten Führungspositionen als Statussymbole: mehr Gehalt, mehr Einfluss, mehr Anerkennung – ach ja und der Firmenwagen. Die Generation der „Digital Natives“ blickt anders darauf. Laut einer Umfrage unter jungen Berufstätigen lehnen rund 70 Prozent eine Position im mittleren Management ab. Doch dieser Widerstand ist nicht Ausdruck von Faulheit oder Verantwortungsscheu – vielmehr geht es um die Wahrnehmung eines Missverhältnisses zwischen Verantwortung und Einfluss. Die jungen Arbeitnehmer fühlen sich zwischen den Hierarchieebenen gefangen, ohne selbst wirklich gestalten zu können.

Sie hinterfragen starre Hierarchien und bevorzugen dynamische Arbeitsumgebungen, mit Start-up Charakter oder projektbasierte Tätigkeiten, wo sie mehr Einfluss und Verantwortung übernehmen können, ohne auf die langsamen Strukturen traditioneller Unternehmen angewiesen zu sein.

Klassische Führungsmodelle sind also nicht mehr attraktiv für den Führungsnachwuchs. Gleichzeitig droht ein eklatanter Mangel an Führungskräften. Und doch liegt genau darin eine Chance: Unternehmen, die aktiv die eigene Führungskultur weiterentwickeln, sind in der Lage, Potenzialträger zu gewinnen, Mitarbeitende zu binden und Innovationen zu fördern.

Von Hierarchie zur Verantwortungskultur – New Leadership als Zukunftsmodell

Das klassische Bild der Führungskraft als zentralem Entscheider im hierarchischen Gefüge funktioniert immer weniger. Die Märkte bewegen sich zu schnell, die Aufgaben sind zu komplex und vielseitig, als dass eine Person alle Antworten haben könnte. Stattdessen verlangt die Realität nach geteilter Verantwortung und flexiblen Rollen. Die Führungskraft entwickelt sich zum Befähiger, die Verantwortungsräume für Mitarbeitende schafft und diese begleitet und unterstützt, Fähigkeiten zu entfalten und gemeinsam an Zielen zu arbeiten.

„New Leadership“ steht für eine Führungskultur, in der Empowerment, Zusammenarbeit und Mitgestaltung nicht Buzzwords, sondern gelebte Realität sind. Leadership wird nicht länger positionsbezogen verstanden, sondern als geteilte Kompetenz. Mitarbeitende werden ermutigt, eigenverantwortlich zu entscheiden, sich aktiv einzubringen und Themenschwerpunkte auch temporär zu übernehmen.

Die Kernelemente moderner Führung sind:

  • Empowerment: Mitarbeitende erhalten echte Verantwortung, keine Pseudo-Partizipation. Sie erleben, dass ihre Meinung
    und Initiative zählen
  • Flexibilität und Agilität: Teams agieren adaptiv, Entscheidungen werden dezentral getroffen, iteratives Vorgehen und Fehlerlernen gehören zur neuen Normalität.
  • Transparente Kommunikation: Kontinuierlicher Austausch und regelmäßige Retrospektiven öffnen Räume für Reflexion, Verbesserung und echte Zusammenarbeit.
  • Shared Leadership: Führung wird zum dynamischen Prozess, bei dem sowohl fachliche als auch prozessuale und operative Verantwortung zeitweise auf verschiedene Teammitglieder verteilt werden können.

Demografiewandel als Momentum für eine moderne Führungskultur

Bis 2030 werden bis zu 300.000 Führungskräfte in Deutschland fehlen. Unternehmen, die an herkömmlichen Führungsmodellen festhalten, werden es nicht schaffen, diese Lücke mit eigenen Talenten zu füllen. Stattdessen braucht es klare Programme zur Identifikation und Entwicklung von Potenzialträgern und die Bereitschaft, Werte und Praktiken der eigenen Führungskultur zu überprüfen und anzupassen.

Ein solcher Wandel geling nicht über Nacht, sondern verlangt einen bewusst gestalteten Change-Prozess. Dabei sind aus meiner Erfahrung folgende Punkte besonders wichtig:

  • Klare Orientierung schaffen: Definieren Sie, was „Führung“ in Ihrem Unternehmen heißt und welche Erwartungen an neue Führungsrollen gestellt werden.
  • Aktive Entwicklungsgespräche: Identifizieren Sie die Potentialträger in ihrem Unternehmen, denen Sie Führungsrollen im Sinne der angestrebten Kultur zutrauen. Gehen Sie in inspirierenden und motivierenden Entwicklungsgesprächen auf diese Personen zu.
  • Entwicklungsprogramme: Unterstützen Sie Ihren Führungsnachwuchs mit modernen Entwicklungsprogrammen, in denen sie befähigt werden, in die Führungsrolle hineinzuwachsen. Unterstützen Sie gleichermaßen erfahrene Führungskräfte dabei, alte Führungsparadigmen abzuschütteln und sich auf die neue Führungskultur einzulassen.
  • Empowerment: Schaffen Sie Strukturen und Möglichkeiten, sodass Mitarbeitende selbst Verantwortung übernehmen können. Dazu braucht es einen Wandel von kontrollierender Führung hin zur Rahmengebung und zum Coaching, um Selbststeuerung zu ermöglichen.
  • Räume für Experimentieren: Schaffen Sie Schutzräume fürs Ausprobieren der neuen Führungsansätze. Wertschätzen Sie kleine Schritte des Fortschritts und fördern Sie, dass Lernen und Veränderung als Gemeinschaftsaufgabe gelebt werden.

Führungskultur wird zum strategischen Erfolgsfaktor

Wer die Führungskultur aktiv entwickelt, verschafft sich entscheidende Vorteile im „War for Talents“, sichert nachhaltigen Unternehmenserfolg und stärkt seine Resilienz im Wandel. Es reicht nicht, Strukturen und Verantwortungen formal zu verschieben. Es braucht eine Kultur, die auf Vertrauen, Partizipation, Empowerment und Orientierung setzt, um Mitarbeitende als echte Gestalter zu gewinnen – und Führung als gemeinsame Aufgabe zu verstehen.

PS: Wenn Ihr in eurer Organisation New Leadership einführen wollt, dann schaut euch mal unser New Leadership Program an.

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